Wie lassen sich durch verbesserte Abläufe Mitarbeitende entlasten, Aufgaben vereinfachen und Zeit einsparen? Diese Frage spielt – vor allem im Hinblick auf den akuten Fachkräftemangel – im Handwerk eine immer größere Rolle. Antworten darauf soll das Projekt „Prozess-Werkstatt“ finden, das vom Leipziger Unternehmen CONOSCOPE und der Universität Leipzig im Rahmen des WIR Projektes Innovationsakademie des Handwerks („WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“) realisiert wird. Ziel des Vorhabens ist es, eine Prozess-Werkstatt in Riesa aufzubauen, in der insbesondere Handwerksbetriebe ei- nen kompetenten Ansprechpartner mit verschiedenen Angeboten zur digitalen Erfas- sung, Analyse und Optimierung von Prozessen finden.
In einem ersten Forschungsprojekt wurden 2021 in Zusammenarbeit mit der Croissanterie Francke in Torgau und der Bäckerei und Konditorei Liebscher in Weinböhla Fertigungsprozesse in Bäckereien untersucht. Das aktuelle Innovationsvorhaben „Prozess- Werkstatt“ nimmt die Erfahrung auf und hat zum Ziel, durch den Einsatz von weiteren Technologien, wie z. B. Tracking mittels Sensoren und neuen Methoden der Prozesssimulation, diese Erkenntnisse zu vertiefen und auf weitere Branchen auszuweiten. Da- für konnten weitere Handwerksbetriebe als Partner gewonnen werden: der Baubetrieb Brumm Bau GmbH sowie das Metallverarbeitungsunternehmen Stratos GmbH. Alle teilnehmenden Partner sind mittelständische Handwerksunternehmen, die in der Elberegi- on Meißen ansässig und tätig sind.
Projektkonzept „Prozess-Werkstatt“
Die Prozessbetrachtung in den beteiligten Betrieben verläuft folgendermaßen:
• Feststellen der individuellen Ziele und Herausforderungen in Abstimmung mit den Handwerksbetrieben
• Erfassung der Produktionsprozesse mit einer Kombination von drei Methoden
• Videoaufzeichnung der Arbeitsabläufe mithilfe von Kameras
• Tracking von Laufwegen und Bewegungsmustern mittels Sensoren
• Interviews mit Mitarbeitenden zu deren Wahrnehmung der Prozesse
• Analyse der Aufzeichnungsdaten in Bezug auf Lauf- und Transportwege, Tätigkeiten und (Arbeits-)Orte
• Aufdecken von Problemen in Arbeitsabläufen und Ableitung von Maßnahmen zur Optimierung
• Simulation möglicher Prozessveränderungen mittels Software oder unter realen Bedingungen in den Räumen der Prozess- Werkstatt oder der jeweiligen Handwerks- betriebe
Der Einsatz von digitaler Technik bei der Prozesserfassung und -analyse bietet mehrere Vorteile, u. a. einen geringeren Zeitaufwand durch den Einsatz von Automatisierung. Außerdem können auch längere Zeiträume auf- gezeichnet werden, ohne Betriebsabläufe zu stören. Die anschließende Prozesssimulation ermöglicht es, die Wirkung von Veränderungen schon vor der Umsetzung abzuschätzen.
Das Projekt „Prozess-Werkstatt“ ist im Juli 2023 gestartet und wird voraussichtlich im Dezember 2025 abgeschlossen sein. Nach- dem 2023 zunächst technische Aspekte, wie die Auswahl geeigneter Kameras und Sensortechnik sowie der vorbereitende Austausch mit den teilnehmenden Handwerks- betrieben, im Vordergrund standen, liegt der Fokus 2024 auf der Prozesserfassung und -auswertung.
Die erste Aufzeichnung fand im Januar bei der Bäckerei Liebscher in Weinböhla statt, wobei mit sechs Kameras eine vollständige Arbeitsschicht in der Backstube aufgenommen wurde. Außerdem wurden die Mitarbeitenden der Bäckerei mit an Armbändern und Gürteln befestigten Sensoren ausgestattet, die die Laufwege und Bewegungsmuster der Personen innerhalb der Arbeitsräume erfassen können.
Die Erkenntnisse aus den Daten der Kameras und Sensoren sollen bereits im Februar in ei- nem ersten Prozess-Workshop zum Einsatz kommen – mit dem Ziel, die optimale Nutzung vorhandener Arbeits- und Lagerflächen durch eine klare, systematische Ordnung zu ermöglichen. Dazu werden gemeinsam mit dem Team der Bäckerei Liebscher Ideen gesammelt, Lösungsansätze diskutiert und live an den Arbeitsplätzen der Backstube ausprobiert.
Im weiteren Verlauf des Jahres sind Aufzeichnungen der Arbeitsabläufe in allen im Projekt beteiligten Handwerksbetrieben geplant. Die Erkenntnisse aus diesen individuellen Prozessbetrachtungen fließen in den Aufbau der Prozess-Werkstatt im Rittergut in Riesa, die bis 2025 als Anlaufstelle zum Thema Prozesse für Handwerksbetriebe etabliert werden soll. Jessica Vogl