Die Erkenntnis des Abends war eindeutig: Handwerk und Kreativwirtschaft können miteinander arbeiten, sofern sie dieselbe Sprache
sprechen und gegenseitiges Verständnis aufbauen.
Zum Abschluss der ersten Projektlaufzeit des Teilprojektes „Kreativdialog“ unter Leitung der Staatlichen Studienakademie Riesa Projekt im „WIR! – Das Handwerk als Innovationsmotor in der Elberegion Meißen“ wurden am 9. November 2022 neben den Ideen aus dem IdeenJam im Frühjahr 2022, die Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Befragung für und mit dem Handwerk der Region vorgestellt. Eröffnet wurde die Transferveranstaltung durch den Geschäftsführer der KHS Meißen Jens-Torsten Jacob und Projektleiterin Prof. Dr. Ute Schröter-Bobsin.
Der Gewinner des IdeenJams, die Stadtteilliebe Dresden, arbeitet bereits konkret mit Dachdeckermeister René Heinitz an einer Arbeitgebermarke zur Generierung neuer Fachkräfte und Mitarbeiter. René Heinitz gab zu, dass der Workshop, an dem er, ein langjähriger Mitarbeiter und ein Geselle teilnahmen, sehr aufschlussreich war. So preist man zwar oft die Leistungen seines Unternehmens an, doch viel zu wenig, was man als Arbeitgeber zu bieten hat. Das wird sich nun ändern im Unternehmen.
Das 7-Herzen-Angebot der Agentur Ungestalt findet bereits eine 100-%-Umsetzung in der Gerüstbaufirma Gemeinhardt Service GmbH. Im Mittelpunkt steht ein Manifest „von Chefs für Chefs“ für zeitgemäße und moderne Unternehmenskultur in Handwerksbetrieben. Dabei werden die Wünsche bereits von Azubis ernst genommen und die Organisation damit von unten her verändert.
TikTok für Handwerksbetriebe wurde ebenfalls durch die Agentur Ungestalt entwickelt und wird von der Bäckerei Konditorei Claus GmbH & Co. KG umgesetzt. Dabei soll vor allem die Zielgruppe, sprich die Azubis, in die Etablierung eingebunden sein und den Kanal des sozialen Netzwerkes dauerhaft mit Inhalten zum Beruf und Alltag befüllen. Angedacht ist es, dieses Projekt auch auf die Bäckerinnung zu adaptieren.
Die Repertoirebildung der Agentur von Michael Goß, Beiwerk.io, dient der Bildung einer Art Katalogs von Angebotenen Produkten im Handwerksbetrieb. Der Eigentümer hat zumeist kaum Zeit, seiner Leidenschaft, dem Handwerk, nachzugehen, sondern muss sich vielfach mit Angebotserstellung, Buchhaltung und Kommunikation beschäftigen. Eine Arbeitserleichterung soll durch das Repertoire, welches abrufbereit zur Verfügung steht, geschaffen werden.
Neben den praktischen Beispielen waren die 30 Teilnehmern auch an der Auswertung der Umfrage interessiert, die Projektkoordinator Andreas Barth vornahm. Die 39 Fragen in fünf Themenbereichen beantworteten insgesamt 135 (9,6 %) von 1.365 befragten Handwerksbetrieben. Hinterfragt wurden Themen, wie Innovationsfähigkeit und einhergehende Innovationswiderstände, Fragen zur Unternehmerpersönlichkeit, Kooperationstätigkeit und der Unternehmensnachfolge. Innerhalb der Antworten waren teilweise Mehrfachnennungen möglich. Die Umfrage fand bereits während der Corona-Pandemie, jedoch vor den Unruhen in der Ukraine, statt.
Als wichtigste Innovationsthemen taten sich Bürokratieabbau, erleichterte Arbeitsorganisation und Mitarbeiterbindung. Demgegenüber stehen jedoch Widerstände, wie mangelnde Zeit, Mangel an qualifizierten Mitarbeitern, die Corona-Pandemie und kein festes Budget für Innovationen. Lediglich 6 % der befragten Handwerker gaben an, keine Widerstände auf dem Innovationsweg vorzufinden. Außerdem ergaben die Antworten, dass Innovationen selten in Arbeitsgruppen entstehen, sondern eher im Alleingang des Eigentümers. Lösungen zu den Widerständen finden die Handwerksbetriebe vor allem selbstständig (65 %), über interne Besprechungen (57 %) oder im persönlichen Umfeld (23 %). Impulse für Veränderungen und Innovationen der Handwerksunternehmen geben, dem entgegenstehend, doch zumeist die Mitarbeiter (88 %), aber auch Kunden bzw. Auftraggeber (87 %) und interne Arbeitskreise bzw. Besprechungen (68 %). Externe Berater wie Agenturen und Kreativwirtschaft werden am wenigsten zurrate gezogen (17 %). Für die Auswertung der Erhebung tat sich daher auch die Frage auf, inwieweit sich Mitarbeiter überhaupt mit Ideen einbringen dürfen und Gelegenheit dazu erhalten, diese voranzubringen.
Die Inhaber der Handwerksbetriebe gaben in der Frage, wie viel Zeit sie in Entwicklung neuer Produkte, Prototypen und Ideen investieren mit 49 % nur 0 % – 3 % ihrer Arbeitszeit an. Auch Weiterbildungen nehmen die Inhaber nur für ein bis drei Tage pro Jahr wahr. Allerdings sind dies Angebote, die sie tatsächlich am meisten über externe Anbieter wahrnehmen.
Der Auswertung folgten klare Handlungsempfehlungen aus Erkenntnissen der wissenschaftlichen Befragung:
- Mitarbeiterpotenzial fördern und binden durch Beteiligung der Mitarbeiter an Entscheidungsprozessen und Etablierung von Arbeitsgremien
- Kooperationen eingehen und verstetigen und sich somit Hilfestellung in der Optimierung der Arbeitsprozesse, Synergien aus der Kreativbranche und Workshops zu öffnen
- Unternehmerische Kompetenzen durch Weiterbildungen in Marketing und E-Commerce sowie Maßnahmen der Digitalisierung, aber auch Öffnung gegenüber kreativen Workshops
- Betriebsnachfolge langfristig planen und organisieren, indem Nachfolgern frühzeitig Verantwortung übertragen wird, Perspektiven aufgezeigt, gezielte Anreize gesetzt und sie gebunden werden
Jens-Torsten Jacob fasste am Ende zusammen, dass es sich gezeigt hat, wenn die unterschiedlichen Sprachen zwischen Kreativwirtschaft und Handwerk beachtet werden, ein großes Chancenpotenzial für eine erfolgreiche Zusammenarbeit vorliegt. Außerdem gab er einen Ausblick auf die nächsten Veranstaltungen der Innovationsakademie. So findet im Dezember 2022 die Vorstellung des Projektes „Robotik in der Denkmalsanierung“ statt. Zu Beginn des Jahres 2023 werden eine Auswertung der Erkenntnisse sowie ein Ausblick aus dem Teilprojekt „Prozess-Handwerk“ stattfinden.
(Diana Kammer/inno-handwerk.de)