Am 30. Juni 2022 wurde innerhalb einer Festveranstaltung der Handwerkskammer Dresden der Zukunftspreis 2022 vergeben. Der Zukunfts­preis richtet sich an Unternehmen, die sich durch besondere Leistungen bei der Sicherung von Fachkräften und Fachkräftenachwuchs, im Bereich der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen sowie bei der Einbindung moderner technisch-technologischer Lösungen einschließlich Digitalisierung in Unternehmens­prozessen auszeichnen. Eine weitere Voraussetzung ist die Eintragung in der Handwerksrolle bzw. im Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe der Handwerkskammer Dresden. Seit mindestens zwei Jahren müssen die Betriebe wirtschaftlich erfolgreich am Markt tätig sein.

Bewertet werden u. a. Maßnahmen im Personal­bereich (beispielsweise Belegschaftsstruktur oder Gesundheitsmanagement), die Ausrichtung des Angebotes an veränderte Kundengruppen, aber auch die Einbeziehung neuer Technologien einschließlich Digitalisierung. Das Gesamtbild der Maßnahmen beurteilt eine unabhängige Jury aus Vertretern der Sächsischen Staatskanzlei und der Handwerkskammer Dresden. Ein persönlicher Besuch erfolgt bei den Unternehmen, die es in die engere Wahl geschafft haben. Diesen Heraus­forderungen haben sich viele Unternehmen gestellt. 

Der „Zukunftspreis 2022“ ist mit 3.000 Euro Preisgeld für den Gewinner dotiert, der zweite Preis mit 1.000 Euro und der dritte mit 500 Euro. Zudem kann der Gewinner eine Trophäe empfangen.

Die drei Besten kommen alle aus dem Landkreis Meißen. Herzlichen Glückwunsch!

Zukunftspreis Handwerk

1. Preis: Land- und Wildfleischerei Schempp aus Tauscha

Traditionell guter Geschmack

Die Fleischerei Schempp schlachtet selbst und kooperiert mit regionalen Bauern. In fünfter Generation führt Christoph Schempp seit sechs Jahren die Landfleischerei seiner Familie. Der 33-jährige Fleischermeister und Diplom-Wirtschaftsingenieur übernahm nach seinem Meisterabschluss den Traditionsbetrieb, dessen Anfänge bis ins Jahr 1905 zurückreichen, von seinen Eltern Thomas und Sigrid und setzt seitdem eigene Akzente. 

„Wir haben gezielt expandiert, um uns wirtschaftlich breiter aufzustellen“, sagt Christoph Schempp. Verfügte das Handwerksunternehmen 2016 neben der Verkaufsstelle am Firmen­sitz in Tauscha (Landkreis Meißen) noch über eine Filiale in Radebeul, werden heute von Tauscha aus sieben Filialen und rund 20 Super­märkte im Raum Dresden beliefert sowie Catering angeboten. 40 Mitarbeiter inklusive Auszubildende sorgen heute dafür, dass erstklassiges Fleisch und beste Wurstwaren beim Kunden ankommen. Sie be­stücken auch die „Schemppomaten“ – Auto­maten, in denen die Kunden 24 Stunden rund um die Uhr Produkte erwerben können.

Zudem wurde kräftig in das Unternehmen investiert. Noch vor dem Generationenwechsel erneuerte Vater Thomas die Schlachtstätte. Sohn Christoph ließ nach und nach die Kommissionierung sowie die Fleischerei modernisieren. „Unsere Produktionsfläche hat sich auf rund 200 Quadratmeter verdoppelt“, berichtet Schempp, der mithilfe von Förder­mitteln rund 1,5 Millionen Euro in den Ausbau und die Erneuerung von Fleischerei und Filialen investieren konnte. 

„Unsere Vision ist es, Produkte für alle Menschen herzustellen, die Lebensmittel wertschätzen und für die ein Stück Fleisch oder Wurst etwas Besonderes und keine Massenware ist. Diesem Credo unterliegt alles Handeln unserer Fleischerei“, sagt Schempp, der seit 2019 auch Fleischsommelier ist und sein Wissen gern auch in Grill- oder Schinken­kursen weitergibt.

Bewusst setzt die Landfleischerei Schempp auf regionale Lieferketten. So bezieht das Unter­nehmen seine Kälber, Rinder, Schafe und Schweine von Agrarwirten im Umkreis von rund 30 Kilometern um Tauscha. Ein Alleinstellungsmerkmal ist auch, dass bei Schempp selbst geschlachtet wird. Im Durch­schnitt schlachtet der Familienbetrieb 25 Schweine pro Woche, dazu noch Wild sowie Lämmer und Kälber. „Durch unsere Warmschlachtung bieten wir unseren Kunden ein besseres Geschmackserlebnis“, erläutert der Fleischermeister. „Unsere Schinken werden noch traditionell trocken gesalzen und unser Kochschinken ist nicht geklebt, sondern natürlich gewachsen – ganz wie zu Omas Zeiten. Bei den Gewürzen verzichten wir auf den Einsatz von Geschmacksverstärkern, Farbstoffen und
versuchen, so wenig wie möglich E-Stoffe zu verwenden.“

Ein Herzensprojekt von Christoph Schempp sind die sogenannten Strohschweine. Diese haben zwölf Mal so viel Auslauf wie gesetzlich vorgeschrieben. Sie werden in größeren Gruppen auf Stroh gehalten, bekommen kein Antibiotika und dafür Futter von den Feldern, die vom Agrarwirt selbst betrieben werden. 

2. Preis: Bäckerei und Konditorei Claus GmbH & Co. KG aus Coswig

Familienbäckerei vereint Trends und Tradition 

Drive-in oder Frenchtoast: die Bäckerei Konditorei Claus stellt Kundenwünsche an erste Stelle. Was der Kunde denkt, fühlt und braucht, ist für die Unternehmerin Steffi Claus seit 37 Jahren die wichtigste Frage. „Wenn wir neue Produkte oder Vertriebswege schaffen, denken wir immer zuerst an die Bedürfnisse des Kunden“, sagt die 58-Jährige, die 1985 gemeinsam mit ihrem Ehemann, Konditormeister Lutz Claus, die Bäckerei Konditorei Claus in Coswig gegründet hat. Als eine der ersten Bäckereien in Deutschland eröffneten die Unternehmer 2018 in Dresden eine Filiale mit Drive-in. „Ich denke dabei an alle Mütter, die auf dem Weg zur Arbeit kurz bei uns ranfahren können, ohne ihre Kinder abschnallen zu müssen oder an Geschäftsleute, bei denen
jede Minute zählt“, benennt die Leiterin für Organisation und Controlling zwei von vielen Beispielen. Auch während der Corona-Pandemie hätten sich die Drive-ins bewährt – ein weiterer befindet sich an der 2019 neu gebauten Produktionsstätte in Coswig: „Am Drive-in konnten wir unsere Kunden unkompliziert und kontaktlos bedienen, ein entscheidender Marktvorteil in Pandemie-Zeiten“, sagt Steffi Claus. Hinzu kam eine Kundenkarte, die als bargeldloses Zahlungsmittel eingesetzt werden kann. „Damit können sich z. B. Kinder unkompliziert auf dem Weg zur Schule bei uns ihr Frühstück holen und brauchen dazu kein Bargeld, aber auch keine Bankkarte“, erklärt sie. Auch die Produktpalette orientiert sich an aktuellen Trends: „Zum Frühstück gibt es bei uns auch Frenchtoast und Chia-Pudding – hier versuchen wir, am Puls der Zeit zu bleiben“, sagt Steffi Claus. 

Die frischen Backwaren des Familienbetriebes, die mit regionalen Zutaten und langen Teigruhezeiten produziert werden, erreichen ihre Kunden aber auch noch auf anderen Wegen. 2021 schloss die Bäckerei eine Kooperation mit einem Online-Lieferdienst, der innerhalb kürzester Zeit Brötchen und Co. per Online-Bestellung an den Kunden ausliefert. Ein ausgewähltes Sortiment kann auch im firmen­eigenen Online-Shop bestellt werden: „Vor zehn Jahren haben wir mit händischem Stollenversand begonnen, heute vertreiben wir auch Kuchen, Gebäck und Brote online“, sagt die Unternehmerin. Digitalisierung habe auch in
anderen Geschäftsbereichen Einzug gefunden.

Die aktuell im Betrieb angestellten sechs Azubis führen ihre Berichthefte digital in einer App – das klappt jetzt viel besser, als zuvor analog, sagt Steffi Claus. Aber auch operative Vorgänge, wie z. B. die Personalplanung oder Warenbestellungen funktionieren bei Familie Claus digital. 

Gemeinsam mit ihrem Sohn, Bäckermeister Lukas Claus, werben die Unternehmer seit vielen Jahren für die Ausbildung im Bäcker- und Konditorenhandwerk. Neben einer starken Social Media Präsenz setzt das Unternehmen auf Vor-Ort-Veranstaltungen zur Berufsorientierung. „Auf Messestände schicken wir gerne
unsere eigenen Azubis, denn sie wissen, wie Schüler ticken, und können die Berufe lebendig rüberbringen“, sagt Steffi Claus.

3. Preis: Maler Weder aus Meißen

Mit Farben auf Wachstumskurs 

Vom Eigenheim bis zum Schloss setzt das Team von Maler Weder Akzente. Vor fünf Jahren stellte sich Malermeister Stefan Weder die Gretchenfrage: Wie soll mein Unternehmen aussehen, wenn ich in ein paar Jahren in Rente gehe? Fahre ich es langsam zurück oder setze ich auf Wachstum und mache den Betrieb damit auch attraktiv für einen Nachfolger? 

Der heute 62-Jährige entschied sich für den Wachstumskurs. Seither hat der 1993 von Weder gegründete Malerbetrieb nicht nur die Mitarbeiterzahl auf inzwischen 45 erhöht, sondern auch seine Geschäftsfelder ausgeweitet. Neben klassischen Malerarbeiten ist das Team von Maler Weder auch auf Raumausstattung und Putzarbeiten spezialisiert. Das zahlt sich aus. „Die Auftragsbücher sind bereits bis Herbst 2023 gut gefüllt“, so Stefan Weder, der merkt, dass das Thema Nachhaltig­keit auch in seinem Gewerk angekommen ist. „Vor allem jüngere Leute legen Wert auf raumluftverbessernde Putze und Farben, z. B. aus Lehm.“ Nicht nur Weders Wachstumskurs, auch die Nachfolgersuche war erfolgreich: Der Übergabeprozess an Bauleiter Maik Ronge und Restaurator Tilo Hasch, beides Malermeister, ist in vollem Gang und soll bis 2024 abgeschlossen sein. Doch auch hier denkt Weder schon weiter: „Auch die beiden sollen dann direkt beginnen, sich Nachfolger heranzuziehen.“ 

Die Förderung von Nachwuchs und Mitarbeitern ist dem 62-Jährigen ohnehin eine Herzens­angelegenheit. Er versteht sich nicht nur als Geschäftsführer, sondern auch als Motivator, der sein Team mit einem partizipativen Stil führt. Dabei genießen die Mitarbeiter viel Freiheit und Eigenverantwortung in der Einteilung ihrer Aufgaben, die sie in der Regel in Zweier-Teams erledigen. „Das war am Anfang nicht für jeden einfach. Aber inzwischen wollen es die Mitarbeiter nicht mehr missen“, so Weder. „Entstanden ist diese Arbeitsweise, weil wir einige Soloselbstständige übernommen haben, die diese Selbstständigkeit gewohnt waren.“ 

Azubis sind für Stefan Weder ein weiterer Schlüssel zum Erfolg. Pro Jahr beginnt mindestens ein neuer Auszubildender im Betrieb und wird zumeist im Anschluss übernommen. Ab Spätsommer 2022 stehen zwei neue Lehrlinge in den Startlöchern – neben einem Maler bildet Weder auch erstmals einen Kirchenmaler aus. 

Um auch künftig potenzielle Mitarbeiter und Kunden auf den Handwerksbetrieb aufmerksam zu machen, setzt Weder nicht nur auf besondere Referenzprojekte wie die Albrechtsburg in Meißen oder Schloss Freudenstein in Freiberg, sondern auf eine eigene Imagekampagne. Unter dem Motto „Darth Weder Ihren Auftrag streichen?“ oder „Komm zur bunten Seite der Macht“ wird auf humorvolle Weise mit Figuren und Zitaten aus „StarWars“ gespielt. „Das spiegelt auch super das Firmenklima wider, denn wir lachen viel gemeinsam“, betont Weder. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass die Idee für die witzigen Sprüche von einem Mitarbeiter kam.