Michael Mauersberger (Prüfungsausschuss der Tischler) und Tischlergeselle Max Mühlstädt beim sog. Tischlerritual mit der letzten Ohrfeige
Michael Mauersberger (Prüfungsausschuss der Tischler) und Tischlergeselle Max Mühlstädt beim sog. Tischlerritual mit der letzten Ohrfeige

Der stellvertretende Kreishandwerksmeister Thomas Möbius eröffnete am 1. September 2023 im Festsaal des Meißner Burgkellers die feierliche Freisprechungsveranstaltung der Kreishandwerkerschaft Region Meißen. Die Kreishandwerkerschaft hatte diejenigen eingeladen, die ihre Ausbildung in verschiedenen Gewerken erfolgreich abgeschlossen hatten.

26 Lehrlinge aus den Bereichen Bau, Dachdeckerhandwerk, Bäcker, Fleischer, Friseur und Tischler waren der Einladung gefolgt. Zur Tradition dieser Veranstaltung gehört zunächst das handwerkliche Zeremoniell– klassisch werden die Lade geöffnet und die Kerze entzündet. Als Ältester der anwesenden Meister übernahm dies Tischlermeister Michael Mauersberger. Die Kerze brachte Tischlergesellin Annemarie Golde zum Leuchten. Michael Mauersberger verpflichtete ab diesem Zeitpunkt die Anwesenden zur Wahrheit und Aufmerksamkeit. Des Weiteren dürfe bei geöffneter Lade nicht geraucht, nicht gestritten oder geflucht werden. Schon im Spätmittelalter verschaffte man sich bei feierlichen Anlässen Gehör bei Gesellen und Lehrlingen.

Damit sich die Auszubildenden Gesellen nennen dürfen, werden sie nach Handwerksbrauch freigesprochen und erhalten mit dem Gesellenbrief ihren symbolischen Berufsabschluss, auf den sie stolz sein können. Festredner Ralf Berger, Präsident des Landesamtes für Schule und Bildung, stieg in seine Ansprache mit einem Vergleich zur Champions-League ein: „Mit ihrem Gesellenbrief besitzen Sie einen wesentlich höheren Wert als ein Fußballstar, der für Millionen verkauft wird. Ich habe den Eindruck, als wären im Profifußball die Relationen völlig verloren gegangen. Ich denke, außer im Fußball gibt es ja noch ganz andere Champions – ein Teil dieser anderen Champions ist heute hier – nämlich Sie.“ Und er dankte den Ausbildern in den Betrieben ebenso wie den Lehrkräften an den Beruflichen Schulzentren für ihren Einsatz.
Rau geht’s bei der Freisprechung der Tischler zu, mit der letzten körperlichen Züchtigung, die sich ein Meister gegenüber seinem Gesellen erlauben darf – mit einer kräftigen Ohrfeige! Nach den rituellen Handwerkerschwüren, der einstimmigen Zustimmung durch alle anwesenden Handwerksmeister und vier kräftigen Schlucken Bier aus dem Innungspokal opferte sich Tischlergeselle Max Mühlstädt stellvertretend für seinen Jahrgang und hielt dem Tischlermeister Mauersberger seine linke Wange zum Schlage hin.

Die drei Jahrgangsbesten (v. l.): Fachverkäuferin Bäckerei Nicole Weber, Friseurin Anika Weidlich und Tischler Max Mühlstädt
Die drei Jahrgangsbesten (v. l.): Fachverkäuferin Bäckerei Nicole Weber, Friseurin Anika Weidlich und Tischler Max Mühlstädt

Note 2 dreimal erreicht

Gesellen, die Ihre Ausbildung mit dem besten Noten-Durchschnitt abgeschlossen haben, werden dafür besonders gewürdigt. In diesem Jahr erhielten Bäckerei-Fachverkäuferin Nicole Weber, Friseurin Anika Weidlich und Tischler Max Mühlstädt für ihre Leistungen zusätzlich Präsente. Frau Weber und Herr Mühlstädt werden im November sogar den diesjährigen Ausbildungspreis der Kreishandwerkerschaft entgegennehmen können. „Bewahren Sie die Tradition und machen Sie durch Ihre Arbeit dem Handwerk Ehre“, appellierte Thomas Möbius an die neuen Gesellinnen und Gesellen, als er sie freisprach. Dies sei der Beginn „einer Klettertour auf der Karriereleiter des Handwerks“.

Mit einem Glas Sekt und einem gemeinsamen Abendessen fand die Feierstunde ihren würdigen Abschluss.

(KHS)