Wenige Plätze waren in der Aula des BSZ für Technik und Wirtschaft frei, als Kreishandwerkerschaft und Innovationsakademie zu einem weiteren Innovationsclub geladen hatten. Das Thema „Künstliche Intelligenz im Handwerk“ war schon etwas provokant. Die Organisatoren gingen dieser Frage nach und holten sich dazu Fachexpertise vom Fraunhofer Institut in Dresden. Dort wird seit vielen Jahren auf diesem Gebiet geforscht. Die Wissenschaftler interessierte vor allem die Meinung der Handwerker zum Einsatz dieser Technologie in ihrer Arbeit.
„Haben Sie im Sommer des letzten Jahres an Künstliche Intelligenz (KI) gedacht? Bestimmt nicht. Seit es aber ChatGPT gibt, vergeht gegenwärtig kein Tag, an dem nicht über die sogenannte KI gesprochen wird“, so der Einstieg von Dr. Andreas Wilde zu seinem hochinteressanten Vortrag. Er gab allen Zuhörern zunächst einen allgemeinen Einstieg in das Thema und kam somit zu den Unterschieden zwischen einer schwachen und einer starken Künstlichen Intelligenz. Die Erkenntnis, dass schon lange – eher hinter verschlossenen Türen – geforscht wird, überraschte jetzt nicht. Vielmehr die Frage, welche Auswirkungen die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz auf die zukünftige Innovation in einzelnen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen nehmen wird.
Wie sieht es nun ganz konkret am Beispiel des Backhandwerks aus? Können sich mittels Künstlicher Intelligenz beispielsweise die Abläufe in der Backstube ändern und damit vereinfachen? Schon jetzt kann mit dieser Technologie der voraussichtlichen Bedarfe an frischen Brötchen, Broten und Kuchen für jede einzelne Finale ermittelt werden. Das Wissen älterer, erfahrener Mitarbeiter fließt in diesen Prozess ein und ermöglicht somit jüngeren Mitarbeitern, erfolgreich zu sein. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels kann damit der Einsatz Künstlicher Intelligenz im Handwerk kompensierend auf den jeweiligen Personalbestand wirken.
Oliver Gnepper, ein weiterer Experte vom Fraunhofer Institut, bestätigt das. „Wir hören immer wieder von Firmen, was ihr entwickelt habt, können unsere Mitarbeiter auch.“ Selten genug erkennt man dabei nicht den Vorteil, dass bei krankheits- oder altersbedingten Personalverlust der Einsatz von Robotertechnologie das Problem lösen kann. Selbstverständlich müssen dabei Fragen des Arbeitsschutzes, der Unfallvermeidung und des allgemeinen Datenschutzes Beachtung finden. Dafür sind wieder viele Vorschriften und rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten. Die KI muss sich dazu das Vertrauen noch erarbeiten. Somit war man auch schnell bei der Frage von Einschränkung und Begrenzung des Einsatzes Künstlicher Intelligenz. Aktuell einigte sich das EU-Parlament bereits auf einen Vorschlag für ein Gesetz zu Künstlicher Intelligenz. Der Vorschlag muss nun in den kommenden Monaten mit den Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission diskutiert werden.
Abschließend fasste Oliver Gnepper in seinem Vortrag die Vorteile, Herausforderungen und Auswirkungen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Handwerk zusammen. Neben Bilderkennungstechnologien sieht er im Wesentlichen die Spracherkennung und Textverarbeitung als mögliches Betätigungsfeld der KI an. Zeitreihenanalyse und Wissensrepräsentation gehören gleichermaßen dazu wie die Unterstützung bei Planung und Optimierung von Arbeitsabläufen und bei der Unterstützung von Bewegungssystemen beispielsweise mittels Exoskelette.
Im Anschluss an die interessanten Impulse tauschten sich die anwesenden Gäste intensiv aus. Dabei war erkennbar, die KI ermöglicht einen innovativen Schub, aber sie muss Vertrauen schaffen, um dann auch behutsam zur Anwendung kommen zu können. Resultierend daraus ist festzustellen, die Künstliche Intelligenz steckt nicht mehr in den Kinderschuhen, sondern hat das Laufen schon gelernt. Der Mensch sollte jedoch weiter die Kontrolle über das behalten, was KI ermöglicht.
Als Ausblick wurden weitere Veranstaltungen für das zweite Halbjahr 2023 angekündigt.
(Holger Mucke)