Liebe Leserin, lieber Leser,
fast ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland wird vor Ort, also hier, erwirtschaftet. An diesem Erfolg ist nicht unwesentlich auch das Handwerk beteiligt. Seit Jahren verschlechtern sich dafür allerdings die Rahmenbedingungen. Fehlender Berufsnachwuchs, rückständige Digitalisierung und wachsende Bürokratie stehen der Entwicklung dagegen. Nicht wettbewerbsfähige steigende Steuer- und Abgabenlast, die wackligen Lieferketten, der Mangel an Material und Ersatzteilen und die damit verbundenen rasanten Kostensteigerungen bei den Rohstoffen verschärfen die Situation seit geraumer Zeit zusätzlich. Und gegenwärtig kommt noch die Energiepreisentwicklung dazu.
Der enorme Kostenschock für Verbraucher und Handwerker bringt jetzt das Fass zum Überlaufen. Die Politik vermittelt uns in diesen Tagen nicht den Eindruck, dass sie geeignete Lösungen finden wird. Ganz im Gegenteil, denn das aktuelle Hickhack führt zu massiver Verunsicherung. Gerade oder besonders in Krisenzeiten erwarten wir von der Politik richtungsweisende Entscheidungen, die uns Handwerker in die Lage versetzen, planbar zu bleiben. Das, was zurzeit passiert, kann so nicht mehr hingenommen werden.
Gasumlage – ja oder nein? 9-Euro-Ticket – ja oder vielleicht doch nicht so schnell? Entlastungspakete – ja oder nein und wenn ja, vielleicht auch für die Handwerksunternehmen – oder vielleicht doch nicht …? Das Urvertrauen an die Regierenden verliert man angesichts dieser offensichtlichen Planlosigkeit der Ampelregierung. Und dabei liegen Lösungsansätze auf dem Tisch, die eine schnelle Entlastung bringen könnten. Kohlekraftwerke rasch an das Netz wieder anschließen, Atomkraftwerke weiter laufen lassen und Fracking in Deutschland zulassen wären Maßnahmen, die der Verknappung der Energie entgegengesetzt werden könnten. Wenn man es wollte … Die Gefahr, dass durch diese exorbitante Preissteigerung bei der Energie der regionale Mittelstand, also auch das Handwerk, an die Wand gedrückt wird, ist sehr groß.
Als regionale Interessenvertretung des Handwerks haben wir gemeinsam mit den Kreishandwerkerschaften aus Dresden, Bautzen, Südsachsen und Görlitz unsere Sorgen und Forderungen zu dieser Situation zusammengefasst. Da Bundeskanzler Olaf Scholz auf unser Schreiben vom 5. September 2022 nicht reagiert hat, haben wir unsere Forderung zu einem dringenden Kurswechsel in der Energiepolitik dem Bundesfinanzminister Christian Lindner gleich persönlich in die Hand gedrückt. Das vollständige Schreiben finden Sie auf Seite 5 dieser Ausgabe.
Eine alte Weisheit besagt, dass in jeder Krise auch ein Neuanfang steckt. Lassen Sie uns gemeinsam Möglichkeiten für Verbesserungen finden. Nutzen wir beispielsweise die Zeit und schaffen unnötige Regelungen ab. Anfangen können wir gleich bei der Dokumentenpflicht im Zusammenhang mit dem Mindestlohn, um schon einmal ein Beispiel zu geben. Das spart Ressourcen im Unternehmen und damit auch Energie, wenn vielleicht auch nicht unmittelbar, wie bei der verordneten Abschaltung von Werbeanlagen in der Zeit von 22.00 Uhr bis 16.00 Uhr.
Nein – es soll nicht nur gemeckert werden. Und ja – alle müssen in Krisenzeiten den Gürtel enger schnallen. Lassen Sie uns daher gemeinsam mit kühlem Kopf und klaren Gedanken Entscheidungen treffen, die uns aus der Krise führen. Die Betonung liegt insbesondere auf gemeinsam.
In diesem Sinne verbleibe ich mit handwerklichen Grüßen
Jens-Torsten Jacob