Im vergangenen Jahr wurde das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) nach langen Verhandlungen verabschiedet. Im Vorfeld wurden die schlimmsten Horrorszenarien von Globalisierungs- und Handelsgegnern an die Wand gemalt. Europäische Sozial- und Umweltstandards würden ausverkauft, die öffentliche Daseinsvorsorge zwangsprivatisiert und Deutschland drohe von einer Klagewelle internationaler Investoren überflutet zu werden.
Die Realität zeigt ein Jahr nach der vermeintlichen Apokalypse ein anderes Bild. Zwischen Juni 2017 und Juni 2018 ist das deutsche Exportvolumen nach Kanada um 9,4 Prozent gewachsen. Vor allem die kleinen- und mittelständischen Unternehmen (KMU) profitieren davon, das Rückgrat der Wirtschaft in beiden Ländern. Von 10.464 deutschen Unternehmen, die nach Kanada exportieren, stellen KMU 73 Prozent. Auch das belgische Beispiel Wallonien hält aller vorherigen Kritiken stand. Nachdem die Regionalregierung das Inkrafttreten des Abkommens im Oktober 2016 massiv verzögert hatte, profitieren heute nahezu zwei Dutzend wallonische Unternehmen von den Erleichterungen, die CETA gebracht hat.
Unabhängig von Mitgliedstaat, Region und Unternehmensgröße ist CETA der erwartete Wachstums-, Beschäftigungs- und Wohlstandsmotor. Das Handelsabkommen hält, was es verspricht. Im Hinblick auf Prozess und Ausblick müssen zwei andere Lehren gezogen werden. Das Handelsabkommen in der Öffentlichkeit intensiv und kritisch zu diskutieren, ist wichtig. Für die Bewertung ist jedoch entscheidend, dass diese Auseinandersetzung auf Fakten basiert. Wenn in der öffentlichen Diskussion jedoch bereits die unbelegte Behauptung ausreicht, wird dass Abkommen problematisch seien, ist stumpfer Populismus die Folge. In Deutschland wurde seit CETA, aller geschürten Befürchtungen zum Trotz, in keiner Kommune die öffentliche Daseinsvorsorge zwangsprivatisiert oder Sozialstandards hinweggefegt. Dennoch werden dieselben haltlosen Vorwürfe bereits heute auf die nächsten anstehenden Handelsabkommen, beispielsweise mit Japan, projiziert. Aber hier sollte nach den Lehren von CETA gelten: Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird!